Durch Mettes Augen: Atelierbesuch in Kopenhagen
Die Kopenhagener Künstlerin Mette Colberg hat durch Glas eine neue Sicht auf die Welt entdeckt
Ich bin Künstlerin und lebe in Kopenhagen. Hier in meinem kleinen Atelier experimentiere ich mit Transparenz. Meine Werkzeuge sind Glas und die Fotografie. Die Glasbläserei ist auf der Insel Bornholm, wo ich geboren und aufgewachsen bin, ein traditionelles Handwerk. Auch ich habe es dort gelernt.
Als ich meinen Master in Fine Art machte, dokumentierte ich meine Arbeiten mit der Kamera und wurde mir dabei bewusst, dass ich Glas durch Glas fotografiere. Ich drehte also die Perspektive um: Anstatt Objekte herzustellen, die man als Vase oder Trinkgefäß nutzen kann, begann ich durch das Glas hindurchzuschauen.
Ich schaffe eine Parallelwelt mit allen Arten von: Was wäre wenn, und was wäre wenn nicht?
Transparenz hilft, Dinge zu erkennen. Wir benutzen den Begriff in den verschiedensten Zusammenhängen: politisch, gesellschaftlich, technisch, emotional. Es ist ziemlich aufschlussreich, sich mit Transparenz zu beschäftigen. Manchmal erkenne ich Dinge, von denen ich vorher nichts ahnte.
Wenn du wirklich etwas entdecken willst, ist es wichtig, Zufälle zuzulassen. Meine Arbeit beginnt immer mit Neugierde. Was passiert, wenn ich dieses oder jenes tue? Es ist ein Experiment. Ich versuche nicht zu beurteilen, was passiert. Ich versuche nur zu registrieren. Das ist der knifflige Teil dieser Arbeit. Unser Leben lang lernen wir zu beurteilen: Das ist gut, das ist schlecht, das ist richtig, das ist falsch.
Für viele Leute sind Zufälle etwas Negatives. Dabei beschreibt ein Zufall doch nur, was ohnehin geschieht. Wenn du sie zulässt, ermöglichst du auch das Scheitern. Die Angst vorm Scheitern ist schlimmer als das Scheitern selbst. Ich versuche eine Distanz zu wahren zu dieser speziellen Form von Angst. Sie klopft ohnehin immer an deine Tür. Vor allem wenn du als professioneller Künstler arbeitest und die Leute von dir erwarten, dass du etwas Großartiges schaffst.
Meine Träume sind sehr einfach: Ich möchte ein nettes, gutes Leben führen mit den Leuten, die ich liebe. Die Dinge tun, die mich wirklich interessieren. Ein glückliches Leben. Die Balance zwischen einem herausfordernden und bequemen Leben finden. Ich möchte meinen Enthusiasmus über Glas und Transparenz bewahren. In der Lage sein, was ich tue immer wieder zu erneuern. Dinge zu entdecken, über die ich noch gar nicht nachgedacht habe. Mich selbst überraschen.
Ich hoffe, dass meine Arbeit den Menschen hilft, eine neue Sichtweisen zu entwickeln. Die Transparenz von Glas ist eine Metapher für das Unsichtbare. Ich finde, das ist ein großes Thema in unserer Welt. Wir sind so beschäftigt mit uns selbst, dass wir uns kaum erlauben, einmal eine andere Perspektive einzunehmen, um zu verstehen, warum andere handeln, wie sie handeln.
Wenn man Fehler zulässt, entdeckt man Überraschendes.
Hier in Kopenhagen gibt es viel Licht und Raum, das schätze ich sehr. Eine schöne Vielfalt an Menschen, besonders hier in meinem Viertel Nørrebro. Am liebsten laufe ich ohne Ziel und Absicht durch die Gegend. Das kann man hier wunderbar. Kopenhagen ist so nah am Wasser, ich kann den Horizont sehen, wie auf Bornholm, wo ich geboren bin. Ein weiter Horizont. Ich mag es, wenn ich mich dabei ganz klein fühle. Ein offenes Ende.